Wort zum Wochenende für den 24. Oktober 2023
von Carolin Esgen, Prädikantin im evang.-luth. Dekanatsbezirk Lohr a.Main
Wenn ich diesen Satz höre, habe ich mich entweder verfahren oder mich bewusst entschieden, das Navi zu ignorieren. „Ist das jetzt schon die zweite Straße rechts?“ - „Links abbiegen? Ach, da weiß ich einen besseren Weg.“ Spontan oder eigensinnig übergehe ich immer mal wieder die nüchtern-freundliche Stimme. Und stehe dann gelegentlich hilflos in einer Sackgasse. Oder erwische die Umgehungsstraße, die ich vermeiden wollte. „Wenn möglich, bitte wenden.“ Der nüchterne Satz weckt meinen Widerstand. Umdrehen? Vielleicht lieber einen Umweg fahren? Bin ich wirklich auf dem Holzweg? Ich ärgere mich über mich, über gesperrte Straßen oder andere Hindernisse, über die ruhige Stimme aus dem Navi. Wenn möglich, bitte wenden?
Heute ist Buß- und Bettag. Der Name ist sperrig, die Sache nicht. Buße ist ein anderes Wort für Umkehr. Man könnte auch sagen: der Buß- und Bettag ist ein Tag, um sich im Leben neu zu orientieren. Um Ziel und Route zu überdenken und zurückzublicken. Wo stehe ich? Wohin bin ich unterwegs? Welchen Weg wähle ich? Und wessen Regeln bestimmen mein Leben? Und was ist gut, was schlecht gelaufen? Eigentlich ist der Buß- und Bettag so eine Art geistlicher Coaching-Tag. Man nimmt sich Zeit, um über sein Leben nachzudenken und es neu auszurichten – mit der Bibel oder einer einfühlsamen Predigt hat man dazu Hilfe an der Hand. Und seine Gedanken bringt man im Gebet vor Gott, hält sie ihm entgegen. Als guter Gesprächspartner hört Gott zu. In der Stille können Antworten auftauchen.
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“, sagt Jesus im Evangelium nach Johannes. Heißt das: „Wenn nötig, bitte wenden?“ Wer traut sich, auf diesen Jesus zu hören? Wer vertraut darauf, dass dieser Jesus Christus der Weg ist, der zum Leben führt? Ich brauche dazu Menschen, die von Jesus Christus, seinen Worten und seinem Leben berichten. Ich brauche sie, weil ich immer mal wieder unsicher werde, ob die Stimme in mir nicht nur mein Wunschdenken ist. Ich brauche verlässliche, glaubwürdige Zeugen wie Johannes und die anderen Evangelisten, wie die Apostel, wie Paulus. Ich brauche Menschen wie Martin Luther oder Dietrich Bonhoeffer, die in düsterer Zeit Erfahrungen mit Gott gemacht haben. Und ich brauche Menschen von heute wie die Pianistin Julie Lowe, die ihre Musik und ihre Erfahrungen mit Gott zu Gehör bringt und es dann mir überlässt, ob ich Verbindungen zu meinem Leben wahrnehme. Vielleicht kommen auch Sie zum Konzert von Julie Lowe? Am kommenden Samstag ist sie in Lohr in der „Alte Turnhalle“ zu hören. Sie sind herzlich eingeladen.
Buß- und Bettag. Wie wäre es, kurz anzuhalten? Sich zu orientieren? Einen Umweg – oder den direkten Weg in einen der Abendgottesdienste der Region zu nehmen? Übrigens: in vielen Navis sind auch die Kirchen als Ziele hinterlegt. Ich grüße Sie herzlich in diese Tage der Neuausrichtung hinein.