Eigentümer, Verantwortung, Rechtliches
Die Kirchengemeinden sind in der Regel Eigentümer der kirchl. Gebäude vor Ort. Ihre Kirchenvorstände tragen daher Rechte und Pflichten eines Eigentümers. Sie sind im vollen Sinn verantwortlich für ihre Gebäude.
Freilich besteht keine Pflicht, diese Gebäude vorzuhalten – mit einer Ausnahme: Kirchengemeinden sind verpflichtet, für die Inhaber einer Pfarrstelle oder eines Vikariats eine Dienstwohnung (DW) bereitzustellen und zu unterhalten. Allerdings muss sie diese nicht zwingend besitzen, sie kann sie auch anmieten. (Gemäß Pfarrbesoldungsgesetz haben Inhaber einer Stelle im Umfang von mind. 75% Anspruch auf eine DW. Das Wohnen in der DW ist Dienstpflicht; die DW ist Teil der Besoldung.)
Gebäudeüberwachung, Baumaßnahmen
Im Blick auf den baulichen Zustand der Gebäude arbeiten die verschiedenen kirchlichen Ebenen zusammen: (a) Kirchengemeinde/vor Ort, (b) Verwaltungsstelle/Verbundregion und (c) Landeskirche. Vor Ort muss geklärt sein, wer für die Überwachung des baulichen Zustands Verantwortung übernimmt, und auch, wie diesbezügliches Wissen dokumentiert und weitergegeben wird.
Zu den Aufgaben vor Ort gehört das Kümmern um die Gebäude, wie es eben ein Eigentümer tut. Dazu zählen eine jährliche Baubegehung sowie die Erledigung von Schönheitsreparaturen.
Die Bauabteilung der mittleren Ebene (Verbund) berät, übernimmt die erweiterten Baubegehungen (alle 3-4 J.) und unterstützt bei der Durchführung von großen Baumaßnahmen in der Bauherrnfunktion. Die landeskirchlichen Baufachleute und Architekten kommen ebenfalls regelmäßig zu Beratungen ins Dekanat. Beratungsbedarf kann und soll von den KG bei der Verwaltungsstelle angezeigt werden.
Für den Ablauf kirchlicher Baumaßnahmen gibt es eine Übersicht, die vor Ort bekannt sein sollte. Des Weiteren gibt es Formulare, festgelegte Genehmigungsverfahren und andere einzuhaltende Vorgaben der Landeskirche, die ebenfalls vor Ort bekannt sein sollten.
Finanzierung, Bedingungen für Zuschüsse
Auch auf diesem Feld ist eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit der kirchlichen Ebenen erforderlich.
Als Eigentümer ihrer Gebäude müssen die Kirchengemeinden nicht nur für eine regelmäßige Begutachtung des baulichen Zustands, sondern auch für eine angemessene Rücklagenbildung für den Sanierungsbedarf Verantwortung übernehmen. Dazu geschah 2021/22 eine intensive Beratung aller KG im Dekanat Lohr. Es muss in jeder KG geklärt sein, welche Personen für diese finanzielle Seite Verantwortung tragen.
Kirchengemeinden sind angesichts der hohen Kosten des Gebäudeerhalts auf Sonderzuweisungen der Landeskirche aus Kirchensteuermitteln angewiesen. Diese werden auch bewilligt, jedoch gehen die Kirchensteuermittel zurück. Darum wurde 2020 eine „Neujustierung der Gebäude- und Finanzplanung im Gemeindebereich“ in die Wege geleitet. Kirchliche Regelungen könnten sich auch künftig wieder ändern. Zurzeit gilt:
- Bei Kirchen kann mit landeskirchlichen Zuweisungen bis zu 25% der zuschussfähigen Kosten gerechnet werden, sofern die Kirche in Kategorie A des Gebäudebedarfsplans steht. Glocken, Orgeln und Inventar sind nicht zuschussfähig. Kirchen der Kategorie B erhalten keine landeskirchlichen Zuweisungen. Seit 2023 erhält aber jeder Kirchengemeinde aus der Ergänzungszuweisung des Dekanats eine Zuweisung, die für die Gebäuderücklage, z.B. für die Kirche zu verwenden ist. Die Kirchengemeinde sollte zusätzlich 1€ pro m² je Monat zurücklegen. Bei Kirchen bleiben alle Baumaßnahmen genehmigungspflichtig.
- Auch die Pfarrhäuser sind nach dem Gebäudebedarfsplan in die Kategorien A, B und C eingeordnet. Im Normalfall wird die Anzahl der Pfarrhäuser mindestens entsprechend der Stellenreduktion abgebaut. Bei Pfarrhäusern der Kat. A gilt eine Regelkostenobergrenze von 50.000 € Gesamtkosten innerhalb von 10 Jahren (also bei einem Stellenwechsel nach z.B. 16 Jahren 100.000€) und eine Bedarfszuweisung der Landeskirche von max. 25.000 € pro 10 Jahre. Wird diese Grenze eingehalten, entfällt die Genehmigungspflicht; es besteht lediglich eine Beratungspflicht. Über evtl. höhere Zuweisungen entscheidet eine Kommission; bei Genehmigung kann mit einer weiteren Bedarfszuweisung gerechnet werden. Für Maßnahmen an Pfarrhäusern der Kat. B und C gibt es keine landeskirchlichen Gelder; Beratungs- und Genehmigungspflicht entfallen hier. Bei der Anmietung von Pfarrdienstwohnungen beteiligt sich die Landeskirche mit 75% der Kaltmiete.
- Die Gemeindehäuser sind ebenfalls einer der Kategorien A (über 2035 hinaus zu erhalten), B (bis 2035 aufzugeben) oder C (kurzfristig aufzugeben) zugeordnet. Die Dekanate erhalten ein jährliches Budget, aus dem die Kirchengemeinden einen landeskirchlichen Zuschuss für Baumaßnahmen an ihren Gemeindehäusern erhalten, sofern sie in der Kat. A stehen. Bei Gemeindehäusern gibt es grundsätzlich keine Genehmigungspflicht mehr. Nur bei Baumaßnahmen über 200.000 € Umfang (Kat. A, B, C) besteht Beratungspflicht.
- Kindergärten: Unter Berücksichtigung der staatlich-kommunalen Pflichtaufgabe soll der landeskirchliche Zuschuss 5% der Gesamtkosten nicht übersteigen.
Regionalisierung, Dekanatsentwicklung
Die aktuelle Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, dass Kirchenvorstände bzw. Kirchengemeinden lernen, über die Grenzen ihrer Gemeinde hinauszusehen und regional zu denken. Insbesondere für die Gemeindehäuser sind Nachbarschaftsräume gebildet worden, so dass mehrere Gemeinden in einer Region ein vorhandenes zukunftsfähiges Gemeindehaus gemeinsam nutzen.
Im jetzigen Dekanat Lohr wurden folgende fünf Nachbarschaftsräume gebildet: (1) Bad Brückenau mit den vier umliegenden Pfarreien; (2) Hammelburg mit Dittlofsroda; (3) Gemünden mit Höllrich und Im Sinngrund; (4) Lohr mit Partenstein; schließlich (5) Marktheidenfeld als eigener Nachbarschaftsraum, zu dem wenigstens die Pfarrei Michelrieth gehören soll. Auch die Nutzung von Gebäuden der Kommune, der katholischen Kirche oder von Vereinen ist in Betracht zu ziehen.“
Bei den Pfarrhäusern ist der künftige Bedarf an die Fortschreibung der Stellenplanung gekoppelt, die der Dekanatsausschusses verantwortet.
Umgekehrt besteht eine wichtige Aufgabe des Dekanatsausschusses darin, die Dekanatsentwicklung im Blick auf den Gebäudebestand so zu lenken, dass auch künftig kirchliches Leben möglich ist.
Von Sinn der Gebäude, von Gaben und Aufgaben der Gemeinde
Gebäude dienen der Entfaltung des Gemeindelebens. Wäre Christsein ganz ohne Kirche möglich, wie es heute leider viele meinen, bräuchte es keine besonderen Gebäude, in denen Christen zusammenkommen, um gemeinsam ihren Glauben zu leben. Allerdings sind zur Entfaltung des Gemeindelebens, ja nicht einmal zur Gottesdienstfeier zwingend Gebäude in eigenem Besitz nötig. Bis zur konstantinischen Wende gab es kaum Kirchengebäude; und die meisten Gemeindehäuser sind erst nach dem II. Weltkrieg gebaut worden als Reaktion auf gesellschaftl. Veränderungen.
Weil Gebäude einen besonderen symbolischen Wert haben, könnten sich vor Ort auch kirchenfernere Menschen für die praktische Sorge oder für den finanziellen Erhalt gewinnen lassen. Das belegen Erfahrungen in den neuen Bundesländern. Jedoch sind Gebäude Mittel und nicht Ziel der Gemeindearbeit. Für hochverbundene Gemeindeglieder haben sie eine emotionale Bedeutung, die auf Glaubenserfahrungen an diesen Orten ruht. Doch so tief unsere innere Bindung an kirchliche Gebäude auch sein mag: Wir sollten nicht unser Herz an Äußerliches und Vergängliches wie Gebäude hängen (1.Gebot).
Der Umgang mit den Gebäuden ist eine geistliche, kirchenleitende Aufgabe, bei der nicht die zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen leitend sein sollten. Es gilt in den Regionen konzeptionell zu überlegen: Wer sind wir und was wollen wir als Kirche? Was bedeuten die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen für uns? Welche Räume/Gebäude brauchen wir dafür? Wie nützlich sind dazu diejenigen, die wir haben?
Stand: Oktober 2025 | Dekan Till Roth
